Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn


10. Juli 2001, 20.00 Uhr Radio Bonn/Rhein-Sieg
Eine Produktionsgruppe der Radiowerkstatt Lora in Bonn-Beuel


Moderation: Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogäste: Natascha Blotzki und Jochen Heinloth von der „Sprechbühne“,
Jürgen Lütz, Filmkritiker


Jingle: „Homenagem a Mongo“ Som Tres
1. Musik „Winter Slepper“ Babyloon
2. Musik „A friendly dog in an unfriendly World“ Jim Avignon


Die „Sprechbühne“ ist eine studentische Lesegruppe, die Theaterstücke liest und als Live-Hörspiele inszeniert. Seit 10 Jahren ist die von Michael Mennen ins Leben gerufene Lautlese-Gemeinschaft am Bonner Institut für Komunikationsforschung und Phonetik aktiv. Aber nicht nur Kommunikationswissenschaftler hören sich gegenseitig beim Ausdrucks-Lesen zu. Nach zehn Jahren ist eine bunte Mischung aller Fakultäten zusammengekommen die sich, den Zyklen des Studentenlebens entsprechend, permanent erneuert. Man trifft sich jeden Dienstag um 20.00 Uhr im Institut und erliest die aktuellen Produktionen, wie „Der gestiefelte Kater“ von Ludwig Tieck, „Top Dogs“ von Urs Widmer oder „The Making of a B-Movie“ von Albert Ostenger. Am Ende jeder Einarbeitung stehen einige öffentliche Vor-Lesungen. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums lässt die „Sprechbühne“ ihre Produktion „Schlafzimmergäste“ von Alan Ayckboum hören, ein sehr unterhaltsames britisches Boulevard-Theaterstück.
Vorlese-Termin des selbst arrangierten Live-Hörspiels:
Freitag, 13. Juli, 20.00 Uhr im Haus der Evangelischen Studentengemeinde in der Königstraße.
Der Eintritt ist frei.



3. Musik: „Promiscuity“ Manu Chao


Shrek – Der tollkühne Held

Die DreamWorks Produktion „Shrek – Der tollkühne Held“ ist ein vollständig am Computer berechneter Film wie zum Beispiel „Das Große Krabbeln“, „Ants“, „Dinosaurier“ oder die „Toy Story“-Filme.
Im letzen Monat haben wir „Shadow of the Vampire“ vorgestellt, eine schwarze Komödie über Friedrich Murnaus Stumfilmklassiker "Nosferatu", und der legendäre Nosferatu-Darsteller Max Schreck hat sichtlich für den großen grünen Riesen gleichen Namens, amerikanisierte Schreibweise, Pate gestanden, nur ist er in einen Topf grüne Farbe gefallen und hat deutlich an Gewicht
zugenommen.
Die Geschichte: "Shrek - Der Tollkühne Held" ist die Geschichte eines Guten Riesen, dem zu unrecht der Verdacht anhaftet, ein Menschenfresser zu sein. Sein Fürst, der es nicht ehrlich mit ihm meint, schickt ihn, eine Prinzessin aus der Burg eines Drachen zu befreien. Mit einigen Freunden macht sich Shrek auf den Weg. Der Film von Jerry Katzenberg enthält ein Unzahl ironischer Spitzen gegen die Disney-Filme und ihre Ästhetik, so dass man ihn schon fast als Anti-Disney-Film bezeichnen kann, was dem Zuschauer, besonders den Erwachsenen, einen höllischen Spaß bereitet.


Yi Yi“ - Filmempfehlung des Monats!

„Yi Yi“ von Edward Young ist eine ruhige Familien Geschichte, die sich viel Zeit zum Erzählen eines komplexen Lebens-Panoramas nimmt. Das Leben des braven Familien Vaters NJ gerät ins Wanken: Er trifft seine Jugendliebe wieder und muss sich der Versuchung stellen, noch einmal ein neues Leben anzufangen. Seine Computerfirma steht kurz vor dem Ruin und es werden dringend neue Ideen
gebraucht, seine Stiefmutter fällt ins Koma und wird in der Familie gepflegt, seine Frau hält den Druck und die Routine zwischen den Eheleuten nicht mehr aus und geht ins Kloster. Seine Kinder beginnen zu entdecken, wer sie selber sind, dass sie im Leben selbstständig Entscheidungen treffen und für ihre Positionen kämpfen müssen.
Es ist schwer zu sagen, was den Reiz von Filmen wie Yi Yi ausmacht, und doch bescheren solche Filme ihren Zuschauern die vielleicht tiefsten Kino-Erlebnisse überhaupt. Yi Yi macht einige Schritte zurück von der Leinwand des Lebens und für ein paar Minuten bekommt man so etwas wie einen Überblick über ein faszinierendes und unterhaltsames Gemälde, von dem man im Alltag lange zehren kann.

Im heutigen Filmangebot stehen Filme wie „Yi Yi“ fast so verloren da wie die Monolithen in Kubricks "2001". Sie sprechen, umgeben von lärmender Kinounterhaltung, in der Sprache einer fremden Welt, die sich bei genauerem Hinsehen als die eigene entpuppt. Die Juroren von Cannes konnten letztes Jahr nicht anders, als Edward Young und seinen Film mit der Goldenen Palme für die beste Regie zu ehren.


4. Musik: „Soul Surfing“ Fat Boy Slim


Die Einsamkeit der Krokodile

In „Die Einsamkeit der Krokodile“von Jobst Oetzmann verschlägt es Elias, einen Hamburger Journalisten, ins Bergische Land. Er möchte den Selbstmord seines Cousins Günther verstehen und wittert dahinter eine Geschichte: Sein Vetter, Günther wuchs auf und verkümmerte als musisch hochbegabtes Kind in einer ländlichen Metzgerfamilie. In seinem Dorf wurde Günther, gerade weil er sich völlig in seine eigene Welt zurückgezogen hatte, zum Enfant terrible. Elias beginnt das Leben seines Cousins zu rekonstruieren.
„Die Einsamkeit der Krokodile“ ist ein leises und subversives Porträt einer Jugend auf dem Lande nach Motiven des gleichnamigen Romans von Dirk Kurbjuweit. Ein Film, in dem man bei allem Schrecken doch immer auch schmunzeln muss. Die sensible und facettenreiche Geschichte und ihre gekonnte Inszenierung hinterlassen einen bleibenden Eindruck.


Vengo

„Vengo“ das ist der neue Film von Tony Gatlif. Tony Gatlif ist bei uns bekannt geworden durch seinen Zigeuner-Film „Gadjo Dilo - Verrückter Fremder“. Auch „Vengo“ ist ein Zigeuner-Film, spielt aber nicht in Rumänien, sondern im spanischen Jerez im Südwesten Andalusiens. Wie in „Gadjo Dilo - Verrückter Fremder“ geht es in „Vengo“ in erster Linie um Musik. In der Vorstellung des Zigeuners Tony Gatlif erzählt die Musik in seinen Filmen die Geschichten hinter der Geschichte des Films, die unzähligen Geschichten des über die ganze Welt verstreuten Volkes der Zigeuner.
In der vielleicht bezeichnendsten Szene des Films warten drei Leibwächter eines Nachtlokal-besitzers unter einem Baum vor einem Friedhof. Der Baum steht einzelnd auf einem Hügel und überschaut das ganze Land - auch den Nachtklubbesitzer, der auf dem Friedhof um seine Tochter weint. Der Wind weht und bewegt die herabhängenden Zweige. Die Männer, die auch alle Musiker sind, bemerken, dass der Baum das hat, was alle Flamenco-Künstler gerne hätten: „Duende“: Jene geheimnisvolle Kraft, welche sich aus dem unbewusst Aufgenommenen speist und den Zuhörer wie magisch in seinen Bann zieht. Die Männer hören dem Baum zu und fangen nach einer Weile an, mit ihm zu musizieren.
„Vengo“ ist eine Flamenco-Oper von beängstigender Intensität und Authentizität, fernab von allen folkloristischen Klischees. Der stärkste Musikfilm, den ich in diesem Jahr gesehen habe.

5. Musik: „Lifetime“ Slam
6. Musik: „Thank you for the Music“ ABBA

Nächste Radio C-Sendung: Dienstag, 14. August, 20.00 Uhr
Radio Bonn/Rhein-Sieg

Moderation: Peter Goßens
Studio Gast: Jürgen Lütz
Technik: Florian Höfer
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