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Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn
Radio
C
Dezember 2001
Di.,
11.12. 20.00 Radio Bonn/SU
Moderation: Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogast: Jürgen Lütz
Beitrag: Florian Höfer
Radio C, eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und
Phonetik in Bonn Poppelsdorf.
Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik "Classic Gas" Mason Williams aus Soundtrack "The
Dish"
2. Musik "Missing" Everything but the Girl Album: "Amplified
Heart"
Zur Zeit herrscht in den meisten Kinos Ausnahmezustand. Seit drei Wochen
bricht die erste "Harry Potter" Verfilmung alle Kassenrekorde
selbst Titanic ist zu mindestens von den Start Ergebnissen schon abgehängt.
Und in gut einer Woche kommt mit der Peter Jackson Verfilmung von Herr
der Ringe schon der nächste Unterhaltungskino Knüller.
Alle anderen Filme haben es schwer sich gegen Harry Potter Und Konsorten
zu behaupten, aber das liegt natürlich auch daran das Harry Potter
nicht nur gut läuft sondern jedenfalls zur Zeit noch sehr viele Leinwände
belegt. Der Film läuft allein mit jeweils drei Kopien am Bonner Markt
und im Godesberger Kinopolis.
Vielleicht bekommt sogar Peter Jacksons Verfilmung von J.R.R. (John Ronald
Reuel) Tolkiens Kult-Fantasieroman "Herr der Ringe" (Band
Eins "Die Gefährten") dank Harry Potter bei weitem nicht
den Platz auf den Leinwänden, der diesem Meilenstein menschlicher
Phantasie gebührt.
Und das, obwohl "Herr der Ringe" zumindest für Erwachsene
bei weitem interessanter ist als "Harry Potter".
"Herr der Ringe" läuft ab dem 20.12. in den Bonner Kinos.
Generell aber bleiben wir an dieser Stelle unseren Prinzipien treu, besonders
den Filmen Aufmerksamkeit zuzuwenden, die eine solche Aufmerksamkeit verdienen,
weil sie gute Filme sind und nicht soziologisch interessante Massenphänomene.
Gute Filme gibt es in diesem Kino-Monat trotz der großen Blockbuster
erstaunlich viele.
"Amores Perros" von Alejandro Gonzales Inarritu
Ganz besonders hervorheben möchte ich daher einen mexikanischen Film
mit dem Titel "Amores Perros" der bereits seit gut einer Woche
in den Bonner Kinos läuft. Der Film ist erst einige Wochen nach dem
offiziellen Bundesstart in die Bonner Kinos gekommen und hat, nachdem
er bereits Weltweit für großes Aufsehen gesorgt hat auch in
Deutschland ein sehr großes Echo von Presse und Publikum bekommen.
"Amores Perros" (Hündische Liebe) ist der Debütfilm
des Mexikaners
Alejandro Gonzales Inarritu. Drei in bester Robert Altman (Short Cuts)
Manier kunstvoll miteinander verwobene Erzählungen von einem heruntergekommenen
Revolutionär, einen Fernsehstar und zwei ungleichen Brüdern,
erzeugen ein ungewöhnlich visuell fesselndes und sehr beeindruckendes
Bild von Mexiko City und seinen Bewohnern. "Amores Perros" ist
sicherlich nicht jedermanns Sache, aber er wird viele auch zu Superlativen
verleiten. Für die Kritiker der NY-Times ist "Amores Perros"
sogar der erste Klassiker des eben angebrochen neuen Jahrhunderts.
3. Musik: "Hotel California" Gipsy Kings
aus dem "Big Lebowski" Sondtrack
"Das Geheimnis" von Virginia Wagon
Ein außergewöhnlich spannender Film in einer ganz anderen Weise
als "Amores Perros" ist der französische Beziehungsfilm
"Das Geheimnis" von Virginia Wagon. In "Das Geheimnis"
entdeckt eine glücklich verheiratete junge Mutter die sich mit einem
Vertreter Job ein Zubrot verdient eine neue, ihr bis dahin unbekannte
Seite an sich selbst.
Bei ihrer Arbeit trifft Marie den Farbigen US-Amerikaner Bill und ist
von dem geheimnisvollen Fremden so fasziniert, dass sie Vorwände
erfindet, um ihn wieder zu treffen. Eines Tages muss sich Marie eingestehen
dass ein Teil von ihr es offensichtlich darauf anlegt sich tollkühn
und ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Normen und Verluste in eine
Beziehung mit Bill zu stürzen.
Nach einer ausgesprochen behutsamen und sehr spannenden langsamen Annäherung
siegt der Reiz des neuen. Was diesen Film "Das Geheimnis" aber
so außergewöhnlich macht ist, das der Reiz des Neuen für
Marie offensichtlich nicht in der Entdeckung eines neuen Mann liegt, sondern
in der Entdeckung eines neuen Teils ihrer Persönlichkeit. Diese Neue
Persönlichkeit stellt dann auch die eigentliche Herausforderung für
Maries Umgebung dar.
"Das Geheimnis" ist eine spannende psychologisch fundierte Entwicklungsgeschichte
einer jungen Frau, deren faszinierende Hauptdarstellerin Anne Coessens
man hoffentlich noch oft auf den deutschen Leinwänden zu sehen bekommt.
"Tosca" von Benoit Jacquot
Die klassische Dreiecksgeschichte um Liebe, Eifersucht, Leidenschaft und
Mord die "Das Geheimnis" eben nicht ist, bekommt man in einem
anderen französischen Film zusehen der ab übermorgen in den
Bonner Kinos läuft.
Der berühmte französische Regisseur Benoit Jacquot hat die Puccini
Oper "Tosca" mit italienischen Opernstars in den Hauptrollen
verfilmt. Für Opernfans und solche die es werden wollen ein ganz
besonderer Leckerbissen, den Benoit Jacquot verführt mit seiner Version
von Puccinis Klassiker "Tosca" nicht nur die Ohren seiner Zuhörer
sondern vor allem auch mit opulentester Ausstattung die Augen der Kinozuschauer.
"Memento" von Christopher Nolan
Das intellektuelle Hightlight der Vorweihnachtszeit, aber setzt ein amerikanischer
Film mit dem Titel "Memento". in England und in den USA bereits
Kult hat er durch aus das Zeug auch bei uns die Nachfolge von Filmen wie
"Die üblichen Verdächtigen" oder "Kleine Morde
unter Freunden" anzutreten. Der ungewöhnliche Plot des Films
dürfte teilweise bereits Freunden des Tom Tykwer Films "Winterschläfer"
bekannt sein, von dem sich Regisseur Christopher Nolan ausdrücklich
hat inspirieren lassen.
Ein Mann verliert bei einem Überfall auf seine Frau sein Kurzzeitgedächtnis.
Alles was er behalten will muss er fotografieren und durch Beschriftung
miteinender verbinden. Alles auch das er seine Frau rächen will.
Vor jeder Handlung muss sich das Foto Puzzle seiner Erinnerungs-Sammlung
neu zusammensetzten: Wer ist Freund? Wer ist Feind? Und wer spielt nur
mit ihm um den erinnerungslosen Rächer als Werkzeug zu missbrauchen?
"Memento" ist ein hoch spannender Thriller. Aber gleichzeitig
auch die intellektuelle Herausforderung des Monats.
Selten wurden vermeintliche Konstanten wie Wahrnehmung und Erinnerung
so tiefgreifend im Kino hinterfragt.
4. Musik "Fuori dal Mondo" Ludovico Einaudi
Aus dem Soundtrack: "Fuori dal Mondo - Nicht von dieser Welt"
"Nicht von dieser Welt" von Giuseppe Piccioni
"Nicht von dieser Welt" ist eine kleine Filmkunstsensation aus
Italien mit großer Wirkung auf Publikum und Kritiker gewann nach
"La vita č bella" die meisten italienischen Filmpreise (5 David
di Donatello) u.a. Bester Film, Beste Hauptdarstellerin, Bestes Drehbuch,
Hauptpreise der internationalen Filmfestivals von Montreal und Chicago,
Haupt- und Publikumspreis des internationalen Filmfestivals von Los Angeles
und war im Frühjahr 2000 Italiens Nominierung für den Oscar
‚Bester nicht englischsprachiger Film'.
"Nicht von dieser Welt" ist eine fesselnde Gradwanderung zwischen
Drama und Komödie, die zum stärksten gehört, was das italienische
Kino zur Zeit zu bieten hat.
Die Geschichte:
Mailand, heute. Caterina ist eine junge Frau, die sich für ein Leben
als Ordensschwester entschieden hat. Ernesto betreibt eine Wäscherei
und hat sich von seinem Alltag vollständig absorbieren lassen. Teresa
ist eine junge Frau, die nicht weiß, wo sie hin soll und einen Platz
zum Schlafen sucht. Gabriele ist ein Polizist, der seinen Beruf ernst
nimmt.
Niemand kennt sich, doch das Schicksal führt sie zusammen, als Caterina
im Park ein ausgesetztes Baby findet und sich auf die Suche nach der Mutter
macht.
Giuseppe Piccionis "Nicht von dieser Welt" ist ein faszinierender
Großstadtfilm, der Dank einer wunderbaren Symbiose von außergewöhnlicher
emotionaler Kraft und komödiantischer Leichtigkeit nach "Das
Leben ist schön" zum besten italienischen Film des Jahres 1999
gewählt wurde. (La Repubblica, 17.06.1999) Mit den charismatischen
Hauptdarstellern Margherita Buy (Caterina) und Silvio Orlando (Ernesto)
durchlebt man ein intensives Wechselbad der Gefühle. In Italien begeisterte
"Nicht von dieser Welt" sein Publikum, und wird das auch bei
uns tun.
Giuseppe Piccionis "Nicht von dieser Welt" ist ein "Kinowunder"
aus Italien, das etwas im Alltag der Menschen aufbrechen kann. Eine Geschichte
über normale Menschen einer Großstadt, gefangen in ihrer kleinen
Welt, die durch den Fund eines Kindes und die Suche nach seiner Mutter
noch einmal mit dem Leben konfrontiert werden. Eine Suche, die ihr bisheriges
Leben auf den Kopf stellen wird, und ihnen eine zweite Chance gibt, die
bemerkenswertesten Menschen der Welt zu treffen - sich selbst.
5. Musik "Dentro la tasca di un qualunque mattino" Gianmaria
Testa
6. Musik "Fuori dal Mondo" Ludovico Einaudi
Aus dem Soundtrack: "Fuori dal Mondo - Nicht von dieser Welt"
Nächste Radio C-Sendung:
Dienstag, 8. Januar 2002, 20.00 Uhr
radio-c.de
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