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Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn
Radio
C
November 2001
Di.
13.11. 20.00 Radio Bonn/SU
Moderation: Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogast: Jürgen Lütz
Beitrag: Florian Höfer
Radio C, eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und
Phonetik in Bonn Poppelsdorf.
Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik "Trampoline" Joe Henry (Album: Trampoline
2. Musik "Vicious Streak" New Order (Album: Get ready)
Reportage von Florian Höfer:
Der neue Studiengang Medienwissenschaften in Bonn
Interviews mit Studierenden und Frau Prof. Caja Thimm
Was passiert noch alles in den Haus, in dem Radio C produziert wird?
Eine ganze Menge, seit dem vor einem Jahr der Studiengang Medienwissenschaften
eröffnet wurde. Zwei Etagen über dem Studio drängeln sich
die Studierenden. Florian Höfer hat sich das ganze mal angeschaut
und zugehört.
[O-Ton] Stimmen, Stühle rücken, weibl. Stimme: »Kommst du mit
in die Bibliothek?«
Mittwoch Vormittag im Hörsaal. Frieren braucht man hier nicht, denn
mit ca. sechzig Leuten ist der Saal rappelvoll. Alle hier haben die erste
Hürde bereits geschafft: Sie haben einen der begehrten Studienplätze
ergattert. Kugelschreiber mit Emblemen diverser Radio-Stationen zeugen
vom Engagement ihrer Benutzerinnen und Benutzer. Im Hörsaal noch
unerfahren, aber in der Medienwelt nicht mehr ganz unbeleckt. Nun heißt
es: Medien studieren in Bonn.
O-Ton Studierende (w:) Es isŽn weit gefächertes Angebot, was man
hier so mitbekommt, ich denke, das kann einem auf jeden Fall weiter helfen,
dass der mich soŽn bisschen, ja, an die Techniken ranführt, wie man
mit Leuten spricht, wie man Informationen erhält, und wie man die
auch verwertet.
(m:) Ich komme eigentlich dazu, weil das `ne schöne Ergänzung
zu meinem Hauptstudiengang ist. Sonst bin ich soŽn reiner Geisteswissenschaftler,
und diese Medien, hoffe ich mal, dass sie die Spannbreite dessen, was
ich dann eventuell später mal an Berufen annehmen könnte, dass
es das `n bisschen erweitert. Was ich hier ganz schön finde, ist
auch irgendwo die Praxisnähe, also Audio-Übungen oder Video-Übungen,
wo man dann wirklich `n bisschen was tun kann. Das ist eigentlich der
Grund, weshalb ich das mache.
(m:) Gute Ausbildung, und hinterher ein guter Job vielleicht, beim Radio
oder bei der Zeitung, das wärŽ schon was. Also alle Redakteure bei
mir in der Lokalredaktion sind also alle Akademiker, so.
(w:) Dass ich also wirklich auf diese Medienlandschaft, auf diese grausame
Medienlandschaft, gut vorbereitet werde, sowohl theoretisch als auch praktisch.
Das hier in Bonn hat sich mit am Interessantesten angehört, speziell
auch wegen diesen medienpraktischen Kursen. Das wollte ich also super
gerne machen.
(w:) Weil ich mich einfach `n bisschen mehr qualifizieren wollte für
die Medienwelt; das heißt, man kann da ja so reinrutschen, wenn
man Glück hat, aber meistens verlangen die dann schon ein abgeschlossenes
Studium, und dann habe ich halt gedacht, dass gerade hier mit den praktischen
Sachen man einen sehr guten Einblick bekommt in verschiedene Bereiche
der Medien, und dass man sich dann nachher im Endeffekt klarer darüber
ist, was man dann so gerne machen möchte. Ich war jetzt ein Jahr
lang in der Werbeagentur und habe dort ein Praktikum gemacht, und ich
hab mich auch sehr dafür interessiert, was so die verschiedenen Bereiche,
also sei es Filmproduktion oder Hörfunkproduktion, was da passiert,
und da habe ich gedacht, ja, das ist hier wohl die beste Gelegenheit.
Die Praxis lockt. Tun und machen, recherchieren, konzipieren, schieben,
sprechen und schneiden. Das Ganze - verpackt in einen Uni-Abschluss -
verspricht, auch in der Berufswelt Tür und Tor zu öffnen. Also
sucht man sich eine Uni, an der man das, was man bisher schon getan hat
oder gerne getan hätte, nun universitär tut. Einen Studiengang,
der mehr als trockene Theorie ohne jeglichen Praxisbezug verspricht.
Den gibt es seit einem Jahr an der Uni Bonn. Professor Dr. Caja Thimm
kennt die Sorgen und Wünsche auf den Gesichtern der jungen Leute
im Hörsaal.
(Prof. Dr. Thimm:) Natürlich machen sich sehr viele Studierende erst
mal konkrete, und ich denke auch: realistische Hoffnungen auf einen guten
Job in der Medienbranche. Der Bedarf ist riesig. Bonn hat eine - ja, ich
denke - Spezialität: Wir bilden nämlich auch für die Praxis
aus. Aber wir sind natürlich ein universitärer Studiengang,
das heißt, es geht sehr um die Wissenschaft auch über das,
was in den Medien passiert, und das ist unsere Aufgabe in der Medienwissenschaft,
uns darum zu kümmern, was Menschen mit den Medien machen, und was
Medien mit den Menschen machen. Es ist gut, wenn die Studierenden eben
nicht glauben, dass sie einfach nur so Medienpraxis betreiben können.
Mit `ner guten Ausbildung kommt man alle Mal weiter als mit dem Handgestrickten.
Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Wissenschaft statt
Werbung, Bibliothek statt Beleuchtung, Leistungsnachweise statt Lokalredaktion:
Auch daran wird sich manch ein Studi wohl erst gewöhnen müssen.
Frau Prof. Dr. Thimm kann aber einen weiteren Anreiz bieten: von Anglistik
über Geschichte und Musik bis zur Theologie sind die unterschiedlichsten
Fächer am Bonner Studiengang beteiligt. Eigene Fähigkeiten und
Interessen einzubringen, wird von Prof. Thimm ausdrücklich erwünscht.
Es ist das Experiment, Medienwissenschaft als Integrationswissenschaft
zu betreiben.
(Prof. Dr. Thimm:) Da ist die Universität Bonn auch sehr mutig, denke
ich, in einen Bereich hineingegangen, wo man ja manchmal nicht ganz so
genau weiß, wie soll man das konzipieren, wie kriegen wir verschiedene
Fächer unter einen Hut. Die verschiedenen Fächer begegnen sich
sozusagen interdisziplinär in ihrem Interesse an den Medien. Und
das ist natürlich auch für die Universität Bonn `ne ganz
tolle Sache, und ich glaube, das begründet auch ein Stück weit
den Erfolg.
3. Musik: "Hard to explain" The Strokes (Album: Is this it)
Der November wird ein abwechslungsreicher Kinomonat
"Lucky Break - Rein oder raus"
von Peter Cattaneo
(England 2001 112 Minuten, ab 12 Jahre)
Sicherlich für jeden sichere Kino Unterhaltung bietet der neue Film
des "Ganz oder gar nicht"-Regisseurs Peter Cattaneo mit dem
Titel "Lucky Break - Rein oder raus" "Lucky Break"
ist eine originelle Parodie von Gefängnis Ausbrecherfilmen und darüber
hinaus eine überaus charmante britische Komödie. Der Glück
und Talent lose Bankräuber Jimmy (James Nesbitt) wird zu fünf
Jahren staatlich finanziertem Zwangsurlaub in einer altehrwürdigen
britischen Haftanstalt verurteilt und beschließt seine unverbrauchte
Kriminelle Energie in einen großangelegten Ausbruchversuch zu investieren.
Die Premiere eines von den Gefangenen aufgeführten Musicals soll
als Vorwand für den Ausbruch dienen. Aber natürlich kommt alles
anders als geplant und noch anders, als der Zuschauer denkt und das nicht
nur, weil sich Jimmy in die Gefängnis-Psychologin der Besserungsanstallt
verliebt.
(Läuft voraussichtlich ab 8.11. In der Neuen Filmbühne Beuel
und im Kinopolis Bad Godesberg)
"Der Kreis" von Jafar Panahi (Iran
2000, 90 Minuten, ab 12 Jahre O.m.U.)
In einer ganz anderen Kultur-Liga spielt der vielfach preisgekrönte
Film
"Der Kreis" des iranischen Filmemachers Jafar Panahi.
Anhand von 8 Frauen-Schicksalen beschreibt Panahi das komplexes Bild der
Situation von Frauen im heutigen Iran. Das der Film nicht an Klischees
über patriarchale Gesellschaftsformen kleben bleibt, sondern sich
zu einem mehr dimensional sprechenden Filmkunstwerk erhebt, verdankt er
einer beeindruckenden formalen Strenge. Zwischen Dokumentation und Spielfilm
zeichnet "Der Kreis" im wahrsten Sinne des Wortes Kreisbahnen
nach, aus denen es für die Eingespurten kein entkommen zu geben scheint.
Für das Filmland Iran in dem jeder Film staatlich finanziert wird,
ist der 2000 produzierte Film "Der Kreis" eine nicht hoch genug
anzuerkennende Leistung, die deutlich macht, das die Kulturpolitiker des
Iran bereit sind den Finger in die Wunden der eigenen Gesellschaft zu
legen.
(Läuft voraussichtlich ab 1.11. in der Brotfabrik Beuel und ab 8.11.
in der Neuen Filmbühne Beuel)
"Zeit der trunkenen Pferde" von
Bahman Ghobadi
(Iran 2000, 79 Minuten, ab 12 Jahre O.m.U.)
Ebenfalls aus dem Iran (2000) stammt der Film "Zeit der trunkenen
Pferde" von Bahman Ghobadi. "Zeit der trunkenen Pferde"
ist allerdings die erste 100 % kurdische Filmproduktion die überhaupt
das Licht der Leinwand erblickt. Angesichts dieser Herkunft wundert es
nicht, das im geographischen Mittelpunkt des Films eine Staatengrenze
liegt. Der Ausgangspunkt von "Zeit der trunkenen Pferde" ist
ein Kurdisches/iranisches Bergdorf nahe der Iranisch irakischen Grenze,
in dem 5 Waisenkinder um ihr überleben kämpfen. Da der kleinwüchsige
Madi dringend eine Operation braucht beschließt die älteste
Schwester Rojin sich mit einem reichen Iraker verheiraten zu lassen. Ihr
Bruder Ayub aber fürchtet, dass dadurch die Familie ganz zerbricht
und schließt sich, um das nötigte Geld zu beschaffen einer
Gruppe von Schmugglern an, die Lastwagenreifen durch die tief verschneiten
Berge in den Irak transportieren.
"Zeit der trunkenen Pferde" ist ein spannendes tief beeindruckendes
Meisterwerk eines realistischen semidokumentarischen Kinos mit beeindruckenden
Bildern und Darstellern das an die wichtigsten Film von Werner Herzog
erinnert.
"Zeit der trunkenen Pferde" heißt der Film, weil die Schmuggler
versuchen ihre Transport-Pferde mit Schnaps gegen die große Kälte
unempfindlich zu machen.
(Läuft voraussichtlich ab 8.11. im Rex Bonn Endenich und ab 22.11.
in der Neuen Filmbühne Bonn Beuel)
4. Musik "Frank Sinatra" Cake (Album: Fashion Nugget)
"The Man Who Wasn't There" von
Ethan und Joel Coen
(USA 2001, 116 Minuten, ab 12 Jahre)
Von der Iranischen Familien Geschichte zu einer amerikanischen Familien
Geschichte: Die Filme machenden Brüder Ethan und Joel Coen werden
immer mehr zu den Chronisten des amerikanischen Kinos. Nach der Wirtschaftskriesen
Südstaaten-Kukluxklan-Prohibitions-Bluegras-Hillbilly Komödie
"O Brother Where Art thou" haben sich die "Fargo"
und "Big Lebowski" Regisseure einem neuen Genre zu gewand, das
sie durch visuelle und dramatische Überhöhungen in eine merkwürdig
schräge Komödie verwandeln.
"The Man Who Wasn't There" heißt ihr neue Film, der vor
wenigen Tagen in den Kinos angelaufen ist.
"The Man Who Wasn't There" ist ein Meisterwerk der "Schwarzen
Serie", des sogenannten "Film Noir" der seinen Höhepunkt
ende der vierziger anfang der fünfziger Jahre mit Filmen wie "Der
Malteserfalke" von Howard Huges hatte. Dem Genre ensprechen und wie
"Fargo" ist "The Man Who Wasn't There"
(Der Man, der gar nicht da war) eine Kriminalgeschichte die die Coens
zum Vergnügen der Zuschauer zu einer Kriminal Groteske aufarbeiten.
Ed Crane (herausragend und unvergesslich gespielt von Billy Bob Thornton)
ist Herren Friseur in einer kleinen amerikanischen Stadt. Um aus seinem
Leben auszubrechen beschließt er von einem fahrenden Kaufmann eine
todsichere Geschäftsidee zu kaufen. Um an das benötigte Geld
zu kommen beschließt er den Chef seiner Frau zu erpressen. Aber
diese Erpressung geht so schief wie es nur in einem Coen Film möglich
ist, und am Ende legen sich die Schlingen des Gesetzes um den Hals von
Ed's Frau Doris (Francis McDormand) so das Ed noch ein mal alles auf eine
Karte setzen muss um zu mindestens Doris zu retten.
Mit glasklaren Schwarzweiß Bildern, die man so noch nicht gesehen
hat und seinen großartigen Schauspielern ist "The Man Who Wasn't
There" sicherlich das cineastischen Ereignis dieses Monats.
(Läuft voraussichtlich ab 8.11. im Rex Bonn Endenich)
"Das Zimmer meines Sohnes" von
Nanni Moretti
(Italien 2001, 99 Minuten ab 12 Jahre)
Ein Ereignis in einem anderen Sinne ist der Neue Film des Italienischen
Kultregisseurs Nanni Moretti "Das Zimmer meines Sohnes"
"Das Zimmer meines Sohnes" hat den Preis für den Besten
Film beim diesjährigen Filmfestival von Cannes gewonnen und zeigt
eindruckvoll, wie man mit schwierigen familiären Themen und großen
Gefühlen im Kino umgehen kann ohne kitschig zu werden.
"Das Zimmer meines Sohnes" ist ein hoch symphatisches Familien
Porträt in dessen Mitte man als Zuschauer, wie die Eltern der Film-Familie
von einem Schicksalsschlag getroffen wird, der Sohn der Familie kommt
bei einem Tauchunfall ums Leben. Nach dem Schock beginnen die Ehepartner
und ihre Tochter sich langsam und jeder auf seine eigene Art und Weise
aus der Krise ins Leben zurück zu arbeiten. Ein Bemühen um Bewältigung,
das den Zusammenhalt der Familie und der Ehepartner oftmals auf eine harte
Probe stellt. Dennoch es gelingt - und wie Nanni Moretti, der auch die
Rolle des Vaters spielt, diese Herausforderung der Inszenierung meistert
und nachfühlbar gestaltet, gleicht einem Film Wunder, vor dem eine
Begriffen verhaftete Kritik versagen muss. Trotz seines Ernsten Themas
ist "Das Zimmer meines Sohnes" der schönste und lebensbejahendste
Film der in diesen herbstlichen Tagen in den Kinos zu sehen ist.
(Läuft voraussichtlich ab dem 22.11. im Rex Bonn Endenich)
5. Musik "Fuori dal Mondo" Ludovico Einaudi
Aus dem Soundtrack: "Fuori dal Mondo - Nicht von dieser Welt"
6.
Musik "Pagan Song" Mychael Danna (Soundtrack: "Exotica")
Nächste Radio C-Sendung:
Dienstag, 11. Dezember, Radio Bonn Rheinsieg 20.00 Uhr
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