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Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn
Radio
C
Februar 2003
Di.,
12.02.2003, 20.00 Uhr, Radio Bonn/SU
Moderation:
Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogast: Jürgen Lütz
Radio C ist eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und
Phonetik in Bonn Poppelsdorf.
Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik "Counting Down" ANGGUN: Open Hearts Soundtrack
2. Musik "Entre dos Tierras" Heroes del silencio
Album: Senderos de traicion
Nachrichten aus den Kinosälen:
Auch wenn die Berlinale Berichterstattung anderes nahe legt,
Radio C wird nicht durch den roten Schnee eines archaisierten Manhattan
stapfen, oder in verrauchte dreißiger Jahre Nachtclubs eines Hollywood-Chicagos
abtauchen,
oder gar mit Kathy Bates zu Jack Nicholson in den Pool hüpfen.
Nein, wir werden tief Luft holen bei einem Inuit-Stamm in der kanadischen
Tundra. Von großer Menschlichkeit berichten, die sich auf 79 Quadratmetern
der ehemaligen DDR ereignen und unsere geneigten Zuhörer zu einer
faszinierenden Frau nach Mexiko entführen.
zu nächst aber:
noch hoch in der Gunst der Bonn Kinobesucher:
Sprich mit ihr - Hable con ella
Regie: Pedro Almodovar
Seit sieben Monaten auf den bonner Leinwänden zu sehen Pedro Almodovars
bester Film seit langem "Sprich mit Ihr". Ein bewegendes Melodram
um die Winkelzüge des Lebens.
Seit drei Monaten zu sehen: "Der Mann ohne Vergangenheit"
Aki Kaurismäkis Gleichnis über das Grundbedürfnis des Menschen
nach einem würdevollen Leben.
Eine wunderbar lakonische Komödie um einen Mann ohne Gedächtnis,
der sich unter Helsinkis Obdachlosen und sozial-Schwachen eine neue Existenz
aufbaut.
Einer der schönsten Filme des Jahres strahlend vor Humanität
und Moral, wie man sie seit den Tagen Charlie Chaplins nicht mehr auf
der Leinwand gesehen hat.
Seit gut zwei Monaten sehr erfolgreich in den Bonner Kinos
und wie wir hören auch bei Schulklassen:
"Bowling for Columbine" von Michael Moore
Eine im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnende Reise in das Herz Amerikas.
Ein Porträt eine Nation zwischen Waffenfetischismus und angstbesetzter
Paranoia. Ein nervöses Volk mit dem Finger am Abzug. Ein sehr menschlicher
Film voller absurder Komik.
Bester Dokumentarfilm des Jahres, eine spannende, witzige, tiefgründige
Analyse der amerikanischen Gesellschaftspsychologie.
Diesen Film muss jeder sehen, der sich für aktuelle Weltpolitik,
gesellschaftliche Prozesse, Politik und die Menschheit interessiert.
Seit dem 23. Januar amüsiert sich das Bonner Publikum köstlich
in
My big fat greek wedding von Joel Zwick
Meine große dicke griechische Hochzeit.
Es ist etwas früh im zweiten Monat des Jahres von der Komödie
des Jahres zu sprechen, aber diese griechisch amerikanische Komödie
über eine junge Frau aus griechischem Einwanderer Mileau, die nur
mit ihrer ganzen recht gewöhnungsbedürftigen Familie zu heiraten
ist, kann es locker mit Komödien wie 'East is East', 'Bridget Johns'
und 'Kick it like Beckham' aufnehmen.
My big fat greek wedding ist ein klassische aber dennoch bezaubernde Aschenputtel/spätes
Mädchen und der Prinz Geschichte. Die junge Griechin Toula hat mit
ihren 35 Jahren das heiratsfähige Alter für griechische Verhältnisse
schon längst hinter sich und entwickelt sich obwohl sie den ganzen
Tag im Restaurant ihrer Familie schuftet zum biologischen Problemfall.
Noch größer aber werden die Probleme, als sich Toula eines
Tages in den Amerikaner Ian verliebt. Denn eine Hochzeit mit einem Nichtgriechen
kommt für Toulas Vater nicht in Frage. Während Toula versucht
Ian langsam auf die Eigenarten ihrer Familie vorzubereiten. Bläst
Toulas Vater zum kulturellen und familiären Großangriff auf
den Schwiegersohn in spe und dessen Famile.
Wir erwähnen wie angekündigt nur kurz:
Gangs of New York, weil man ihn erwähnen muss. Sicherlich ein filmisches
Meisterwerk von Martin Scorsese und ein kameratechnisches von Michael
Ballhaus, darüber hinaus spielt Daniel Day-Lewis noch besser als
Leonardo di Caprio, dennoch fällt der Film etwas auseinander, das
permanente Selbstzerfleischen einer erwachenden amerikanischen Gesellschaft
entkräftet jeden Ansatz einer Erzählung und vermittelt den Eindruck
ohne Gewalt geht es nicht vorwärts mit der Menschheit.
Eine nicht nur in diesen Zeiten fragwürdige Geisteshaltung. ( ab
20.02.)
Chicago
von Rob Marshall mit Catherine Zeta Jones, Renée Zellweger und Ricard
Gere
Ist sicher einer der überraschendsten Filme des Monats ein amerikanisches
30'er Jahre Gangstermusical das einfach Spaß macht. ‚Mensch' verlässt
beschwingt das Kino. Der bittere Nachgeschmack: genau die Belanglosigkeit
aus Hollywood, die man zum Vergessen der Weltpolitik braucht. (27.02.)
Hinter dem Titel
Jack Nicholson ist Schmidt verbirgt sich Senioren Kino für alle.
Die etwas Hüftlame Lebensbeichte eines amerikanischen Pensionärs,
der nach seiner plötzlichen Verwitwung beschließt seine Tochter
auf den rechten Weg zurück und das meint natürlich von ihrem
Verlobten weg zu holen. Ist für Jack Nicholson Fans ein Muss. (27.02.)
3. Musik: "Suck and Run" Console Album: Reset the Preset
Atanarjuat - Die Legende vom schnellen Läufer (ab 13.02.)
von Zacharias Kunuk
erzählt eine klassische Legende kanadischer Inuit / Eskimo-Indianer,
über die Eskalation einer Stammesfehde über mehrere Generationen,
bis zu ihrer endgültigen Beilegung.
Nur durch eine spektakuläre Flucht über das Eis kann der Inuit
Jäger Atanarjuat seinen Verfolgern entkommen. Neid auf Atanarjuats
Jagdglück und seine Frau Atuat machen Ihm seinen Jugendfreund OKI
zum Feind.
Atanarjuat findet Unterschlupf bei einer anderen Eskimo Sippe und kann
erst nach Jahren zu seiner Sippe zurückkehren und sich mit List seine
Stellung und seine Frau zurückerkämpfen.
Der dokumentarisch gehaltenen Film zeigt sehr viel vom klassischen Alltag
der Inuit und ihrem täglichen Überleben.
Ein archaische fast steinzeitliche Lebensweise, der bis vor 50 Jahren
noch ein Grossteil der Inuit nachgegangen ist. Heute aber auch für
die Inuit, wie für viele indigene Völker die im letzten Jahrhundert
rasanten Veränderungen ausgesetzt waren, etwas sagenhaftes hat.
Damit hat der erste von Inuit gemachte Film "Atanarjuat" eine
doppelte Funktion er stellt der Welt, wie dem eigenen Volk beeindruckende
Eskimo Kultur vor.
Frida ab 06.03.
von Julie Taymor
Ist ein beeindruckender Spielfilm über die Biographie der mexikanischen
Malerin Frida Kahlo.
Mexiko, Anfang des 20. Jahrhunderts: Die junge lebenslustige Frida Kahlo,
Oscar reif gespielt von Salma Hayek, genießt ihr Teenager-Dasein
in vollen Zügen - bis ein tragischer Busunfall das ungestüme
Mädchen ans Bett fesselt.
Getrieben von ihrer Lebenssehnsucht und um den Schmerz zu vergessen fängt
Frida an zu malen. Sobald sie einigermaßen wieder hergestellt ist,
bringt sie ihre Bilder dem unnahbaren Star der Mexikanischen Kunstszene
Diego Rivera.
Der Sozialrealist Rivera ist beeindruckt von der hohen Emotionalität,
und Ausdruckskraft von Fridas Bildern. Die Beiden kommen sich näher,
verlieben sich und heiraten schließlich. Damit beginnt ein der auseinander
setzungsreichsten und produktivsten Künstler-Ehen der klassischen
Moderne.
geprägt von Lebenslust, und dem Ringen um gegenseitige Anerkennung
Toleranz und Loyalität.
Der Film "Frida" ist ein Herzens Projekt von Regisseurin Julie
Taylor und Hauptdarstellerin Salma Hayek, die den Film auch mit produziert
hat, und das sieht man dem Film an.
Selten ist eine Künstler(innen)figur so voller Leben und Faszination
ins Licht der Leinwand gerückt worden.
"Frida" wird seinen Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben
und kann es mit dem bisherigen Gipfel des Künstlerinnen Films Camille
Claudel
(August Rodin) aufnehmen.
4. Musik "Dark spanish symphony" von Angelo Badalamenti
Wild at Heart: Soundtrack
Good Bye, Lenin von Wolfgang Becker ab 13.02.
6 Jahre ist es her, dass Wolfgang Becker mit seinem Film "Das Leben
ist eine Baustelle" in den deutschen Kinos für Furore sorgte.
Nach außen als Komödie getarnt vermittelte Beckers Film eine
Phänomenologie der Liebe in den Zeiten der Kohl-Ära.
Sein neues Meisterwerk "Good Bye Lenin" steht dem in nichts
nach, ja übertrifft den Vorgänger sogar.
Und wieder ist der Film erfolgreich als Komödie getarnt und man kann
sich auch ohne Probleme von einem grotesken Witz zum nächsten durch
die 2 Stunden Film tragen lassen. Aber "Good Bye Lenin" ist
viel mehr als eine deutsche Komödie , die man schnell wieder vergessen
hat.
"Good Bye Lenin" ist ein großer Film über Lebenslügen,
mit der These das sich solche Lebenslügen nicht mehr aufrechterhalten
lassen, wenn es ans Abschiednehmen geht.
Nur ein Beispiel: für den 21 jährigen Alex (eindrücklich
gespielt von Daniel Brühl) geht es im Leben nicht weiter: Um seiner
Mutter die durch Herzinfarkt mit nachfolgendem Koma das Ende der DDR verschlafen
hat, vermeintliche Aufregungen zu ersparen gaukelt er ihr vor, dass die
DDR weiter besteht und inszeniert zusammen mit einem Freund VIDEO TV Nachrichten
in denen er die Migrationsrichtung nach dem Mauerfall umdreht.
Natürlich beginnt Alex' Mutter irgend wann zu ahnen, dass etwas nicht
stimmen kann.
Bei einem gemeinsamen Landausflug der Familie aber kommt heraus, das auch
Alex Mutter, großartig gespielt von Katrin Saß, ihren Kinder
über viele Jahre etwas vorgemacht hat.
"Good Bye Lenin" ist hervorragend unterhaltendes deutsches Kino
über typische BRD/DDR Blickwinkel, dass auch Vergleichen mit Leander
Hausmanns "Sonnenallee" besteht.
Darüber hinaus aber leistet der Film so etwas wie eine Psychoanalyse
des BRD/DDR Verhältnisses und macht aus den Lebenslügen beider
Staaten eine hochemotionale Familiengeschichte, die mit einer Art Rehbierthing
therapiert.
Ein therapeutisches Wiederholen schmerzhafter Abschiede und Entwicklungen
steht uns bevor, dass es uns ermöglicht sich von den immer noch nostalgisch
verklärten Existenzlügen beider Seiten gut 13 Jahre nach dem
Mauerfall endlich zu verabschieden.
Wolfgang Becker sollte Bundeskanzler werden.
Hinweis:
11. Bonner Kurzfilmtag "Augenblicke" am Sonntag den 23.02. von
16.00 bis 19.00 im Bonner Rex Kino
werden 12 zumeist prämierte europäische Kurzfilme vorgestellt,
die den gegenwärtigen Stand des Genres wiedergeben.
5. Musik "Times like these" Foofighters Album: One By One
In ihrem Radio hören Sie uns wieder in genau einem Monat
am Di., 11. März, 20.00 Uhr.
6. Musik "Little Things" ANGGUN: Open Hearts Soundtrack
radio-c.de
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