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Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn
Radio
C
März 2003
Di.,
12.03.2003, 20.00 Uhr, Radio Bonn/SU
Moderation:
Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogast: Jürgen Lütz
Radio C ist eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und
Phonetik in Bonn Poppelsdorf.
Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik "Rock ‚n' Roll Star" Oasis Album: Definitely Maybe
2. Musik "Comptine d'un autre été: L' après midi" Yann Tiersen
"Amelie-Soundtrack"
Nachrichten aus den Kinosälen:
Sprich mit ihr - Hable con ella
Regie: Pedro Almodovar
Seit acht Monaten auf den bonner Leinwänden zu sehen Pedro Almodovars
bester Film seit langem "Sprich mit Ihr". Ein bewegendes Melodram
um die Winkelzüge des Lebens.
Seit vier Monaten zu sehen:
"Bowling for Columbine" von Michael Moore
Eine im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnende Reise in das Herz Amerikas.
Ein Porträt eine Nation zwischen Waffenfetischismus und angstbesetzter
Paranoia. Ein nervöses Volk mit dem Finger am Abzug.
Ein sehr menschlicher Film voller absurder Komik.
Bester Dokumentarfilm des Jahres, eine spannende, witzige, tiefgründige
Analyse der amerikanischen Gesellschaftspsychologie. Diesen Film muss
jeder sehen, der sich für gesellschaftliche Prozesse, Politik und
die Menschheit interessiert.
Good Bye, Lenin von Wolfgang Becker seit 13.02.
"Good Bye Lenin" ist hervorragend unterhaltendes deutsches Kino
über typische BRD/DDR Blickwinkel, dass auch Vergleichen mit Leander
Hausmanns "Sonnenallee" besteht.
Darüber hinaus aber leistet der Film so etwas wie eine Psychoanalyse
des BRD/DDR Verhältnisses und macht aus den Lebenslügen beider
Staaten eine hochemotionale Familiengeschichte, die mit einer Art Rehbierthing
therapiert.
Ein therapeutisches Wiederholen schmerzhafter Abschiede und Entwicklungen
steht uns bevor, dass es uns ermöglicht sich von den immer noch nostalgisch
verklärten Existenzlügen beider Seiten gut 13 Jahre nach dem
Mauerfall endlich zu verabschieden.
Wolfgang Becker sollte Bundeskanzler werden.
3. Musik: "Burn it Blue" Soundtrack: "Frida"
Frida seit 06.03.
Frida Ist ein beeindruckender Spielfilm über die Biographie der Mexikanischen
Malerin Frida Kahlo.
Mexiko, Anfang des 20. Jahrhunderts: Die Junge lebenslustige Frida Kahlo,
oscar reif gespielt von Salma Hayek, genießt ihr Teenager-Dasein
in vollen Zügen - bis ein tragischer Busunfall das ungestüme
Mädchen ans Bett fesselt.
Getrieben von ihrer Lebenssehnsucht und um den Schmerz zu vergessen fängt
Frida an zu mahlen. Sobald sie einigermaßen wieder hergestellt ist.
Bringt sie ihre Bilder dem unnahbaren Star der Mexikanischen Kunstszene
Diego Rivera . Der Sozialrealist Rivera ist beeindruckt von der hohen
Emotionalität, und Ausdruckskraft von Fridas Bildern. Die Beiden
kommen sich näher, verlieben sich und heiraten schließlich.
Damit beginnt ein der auseinander-setzungsreichsten und produktivsten
Künstler-Ehen der klassischen Moderne.
geprägt von Lebenslust, und dem ringen um gegenseitige Anerkennung
Toleranz und Loyalität.
Der Film "Frida" ist ein Herzens Projekt von Regisseurin Julie
Taylor und Hauptdarstellerin Salma Hayek, die den Film auch mit produziert
hat, und das sieht man dem Film an.
Selten ist eine Künstler(innen)figur so voller Leben und Faszination
ins Licht der Leinwand gerückt worden.
"Frida" wird seinen Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben
und kann es locker mit dem bisherigen Gipfel des Künstlerinnen Films
Camille Claudel
(August Rodin) aufnehmen.
"Adaption" oder "Adaptation" von Spike Jonze ab 13.03.
Regisseur Spike Jonze und sein Drehbuchautor Charlie Kaufmann, sind Amerikas
Filmschaffende für ungewöhnliche Filme.
Mit ihrem letzten Film "Beeing John Malkovich" haben sie das
eindringlich unter Beweis gestellt. Das großes Publikum diese Films
reagierte ähnlich wie bei Paul Thomas Andersons "Magnolia"
dankbar, dass endlich mal jemand die ausgetretenen Pfade des Kinos verlässt,
und mit überbordendem Einfallsreichtum überzeugt. Während
Paul Thomas Andersons mit seinem neuen Film "Punch Drunk Love",
den wir hier im April besprechen werden, eher einen Schritt zurück
zum Konventionellen macht,
katapultieren sich Spike Jonze und Charlie Kaufmann mit ihrem neuen Werk
"Adaption" endgültig auf den Olymp der Originalität.
Hier das, was ich glaube von der Geschichte verstanden zu haben. Der Drehbuchautor
von "Beeing John Malkovich", der natürlich im Film, wie
im richtigen Leben Charlie Kaufmann heißt, soll ein Drehbuch für
einen Film nach einem Bestseller Roman über Orchideen schreiben.
Der gestandene Drehbuchautor verzweifelt, weil Pflanzen in der Regel ein
nur schwer zu dramatisierendes Leben haben. Während sein Zwillingsbruder
und alter ego Donald Kaufmann ein gefeiertes "Hannibal"Psycho-Horror
Drehbuch nach dem anderen fertig stellt und zum Lohn Besuch von den tollsten
Schauspielerinnen aus "Beeing John Malkovich" Kathrin Keener
und Cameron Diaz bekommt, verzweifelt Charlie Kaufmann an seiner ersten
Rettungsstrategie
ein Drehbuch über einen Drehbuchautor zu schreiben, der ein spannendes
Drehbuch über einen Pflanzenfilm schreiben soll.
Aber Blut ist bekanntlich dicker als Wasser und so lässt Donald die
Hollywood Miezen sausen um seinem Bruder gegen den gefürchteten Writers-block
beizustehen. Die Symbiose aus beiden Brüdern, die, ob wohl sie unterschiedlicher
nicht sein können, beide von Nicolas Cage in Oscar verdächtiger
Weise gespielt werden, bewirkt
dass sich beide Brüder daran machen, das spannendere Leben der Frau
zu ergründen, die das langweilige Buch über Pflanzen geschrieben
hat.
Das wird natürlich gefährlich, denn wie Psychoexperte Donald
Kaufmann eigentlich wissen müsste, ist ein Buch über Pflanzen
meist nur die Sublimierung von etwas ganz anderem.
So entwickelt sich der ohne hin schon in jede Richtung überraschende
Film "Adaption" von Spike Jonze zu einem wichtigen Gesellschaftsporträt
einer Gesellschaft, der ihre heimlichen Sehnsüchte so unheimlich
sind, und ihre Schizophrenie so heilig, dass sie um beides zu schützen
sogar bereit ist zu töten.
4. Musik "All the girls" J. Mascis and The Fog Album: More Light
"The Hours" von Stephen Daldry
"The Hours" mit Nicole Kidman, Meryl Streep und Julianne Moore
galt lange Zeit als Favorit der Berlinale und hat den goldenen Bären
letztlich doch nicht gewonnen.
Aus politischen Gründen, während die Jury Tag bewegte sich,
die große Friedensdemonstration am Festival Palast vorbei, wurde
das Flüchtlingsdrama "In this World" von Michael Winterbottom
mit dem goldnen Bären ausgezeichnet.
Am Schicksal zweier junger Afghanen zeigt "In this World" eindringlich
das jede kriegerische Handlung Tausende von Flüchtlingen in (Richtung
Europa) auf eine gefahrvolle Reise in Bewegung setzt.
Die Frage ist nur, ob "In this World" jemals in die deutschen
Kinos kommen wird.
The Hours kommt am 27. März bundesweit in die Kinos und
Nicole Kidman, Meryl Streep und Julianne Moore konnten sich in Berlin
mit einem Silberner Bär für die besten Darstellerinnen trösten.
Regisseur Stephen Daldry, ist mit 'Billy Elliot - I will dance' zu Weltruhm
gelangt, und kann es sich daher leisten ein Wagnis einzugehen.
Er hat den als unverfilmbar geltenden, hochkomplexen Roman 'Die Stunden'
von Michael Cunningham mit Hilfe des Drehbuchautors David Hare in eine
Kinosprache übersetzt, deren literarische Komplexität man ebenso
bewundern kann wie ihre emotionale Tiefe.
Ein schwieriges Projekt, weil schon Cunninghams Roman eine Hommage an
Virginia Woolf und ihre Mrs Dalloway Romanfigur ist.
'The Hours' das ist Literatur Kino der Extraklasse. Drei Zeit-Perioden,
drei Frauen und drei Geschichten, die einander umschlingen und in einen
überraschenden Moment der Erkenntnis münden.
Der Film über die exemplarische Geschichte von drei Frauen in der
Krise, lässt sich lesen wie ein Buch. Dazu müssen natürlich
alle teile des Films eindringlich im Gedächtnis der Zuschauer haften
bleiben und genau dieses Wunder gelingt dem Regisseur und seinem Ensemble.
Die verschiedenen Schichten des Werkes fügen sich zu einem organischen
Ganzen, perfekte Schnitte lösen an sich sperrige Übergänge
zwischen den verschiedenen Zeitebenen elegant auf.
Die drei Schauspielerinnen Nicole Kidman, Meryl Streep und Julianne Moore
sind in einer Sternstunde ihres Beruf zu bewundern. Sie loten ihre Charaktere
auf ganz individuelle Weise aus und bringen gleichzeitig das Kunststück
zu Stande, dass sie ganz im Sinne von Virginia Woolf auch als Teile einer
einzigen Gestalt erscheinen.
Diese universelle Frauenfigur arbeitet sich mit der gleichen Intensität
daran ab, eine Party zu organisieren, einen Kuchen zu backen oder einen
literarischen Text zu verfassen. Das der künstlerischen Arbeit wie
dem trivialen Alltagsdetail existenzielle Bedeutung inne wohnt, ist sozusagen
die mit dem Leben versöhnende Woolf'sche Botschaft dieses außergewöhnlichen
Films.
5. Musik "Angelene" P. J. Harvey Album: Is this Desire?
6. Musik "Oasis" Wonderwall
Album: (What's the story) Morning Glory ?
radio-c.de
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